Parkinson-Demenz: Neuropsychiatrische Symptome verstehen

Referent: Univ.-Prof. em. Dr. Dr. Hans-Peter Kapfhammer

14. November 2025

Die Parkinson-Krankheit betrifft weit mehr als nur die Bewegung. In diesem Fachvortrag von Prof. Hans-Peter Kapfhammer erfahren Sie alles Wichtige über neuropsychiatrische Symptome bei Parkinson – insbesondere über kognitive Störungen und das Risiko einer Demenz.

Im Video erfahren Sie:

  • Wie sich Parkinson-Demenz von Alzheimer unterscheidet
  • Was Lewy-Körperchen-Demenz ist und warum die Diagnose wichtig ist
  • Welche Depression, Angst und Halluzinationen bei Parkinson auftreten
  • Moderne Behandlungsmöglichkeiten für kognitive und psychische Symptome

Hans-Peter KapfhammerUniv. Prof. em.Medizinische Universität Graz

Prof. Hans-Peter Kapfhammer leitete von 2003 bis zu seiner Emeritierung die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin an der Medizinischen Universität Graz. Der studierte Psychologe, Mediziner und Philosoph verfügt über Facharztqualifikationen in Psychiatrie, Neurologie und Psychosomatischer Medizin sowie Zusatzqualifikationen in Psychotherapie und Psychoanalyse. Als Mitherausgeber des Standardwerks „Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie“ und Autor zahlreicher Fachpublikationen hat er die psychiatrische Forschung und Lehre im deutschsprachigen Raum maßgeblich geprägt.

Wenn Sie oder ein Angehöriger an Parkinson erkrankt sind, wissen Sie: Die Erkrankung verändert das Leben grundlegend. Während die Bewegungsstörungen oft im Vordergrund stehen, entwickeln sich bei vielen Betroffenen mit der Zeit auch kognitive Veränderungen. Das Risiko, im Verlauf der Parkinson-Krankheit eine Demenz zu entwickeln, liegt bei 30 bis 40 Prozent – nach 10 Jahren Krankheitsdauer sogar bei etwa 50 Prozent.

Parkinson ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Die Parkinson-Demenz und die eng verwandte Lewy-Körperchen-Demenz sind eigenständige Erkrankungen, die besondere diagnostische und therapeutische Ansätze erfordern. Als spezialisiertes Memory-Zentrum in München begleiten wir Betroffene und ihre Angehörigen bei allen Formen von Demenz und Gedächtnisstörungen.

In diesem Artikel erklären wir Ihnen verständlich, welche neuropsychiatrischen Symptome bei Parkinson auftreten können, wie sich Demenzformen unterscheiden und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Unser Ziel ist es, Ihnen Wissen und Orientierung zu geben – für mehr Lebensqualität trotz der Erkrankung.

Die Parkinson-Krankheit ist mehr als die bekannte Bewegungsstörung. James Parkinson beschrieb sie bereits vor über 200 Jahren sehr genau. Lange konzentrierte sich die Medizin auf die motorischen Symptome – Bradykinese (verlangsamte Bewegungen), Ruhetremor (Zittern in Ruhe), Rigor (Muskelsteifheit) und Haltungsinstabilität. Diese Symptome beginnen typischerweise asymmetrisch, also auf einer Körperseite.

Heute wissen wir: Parkinson betrifft das gesamte Nervensystem. Durch den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn kommt es nicht nur zu einem Mangel an Dopamin, sondern auch zu Veränderungen in anderen Botenstoffsystemen. Diese neurobiologischen Veränderungen sind die Grundlage für die vielfältigen neuropsychiatrischen Symptome.

Ein Verständnis dieser Zusammenhänge ist wichtig, um die später auftretenden psychischen und kognitiven Symptome nicht als separate Probleme zu sehen, sondern als Teil der Grunderkrankung – und damit auch als behandelbar.

Depression ist die häufigste neuropsychiatrische Begleiterkrankung bei Parkinson. Bis zu 50 Prozent der Betroffenen erleben im Krankheitsverlauf depressive Episoden. Wichtig zu verstehen: Diese Depression ist nicht einfach eine nachvollziehbare Reaktion auf die Diagnose, sondern ein eigenständiges Symptom, das durch die neurobiologischen Veränderungen im Gehirn entsteht.

Die Ursachen sind komplex: Der Verlust von Nervenzellen führt nicht nur zu einem Dopamin-Mangel, sondern auch zu Störungen im Serotonin- und Noradrenalin-Stoffwechsel. Hinzu kommen psychosoziale Belastungen durch die Erkrankung – der Verlust von Selbstständigkeit, berufliche Einschränkungen und die emotionale Last einer chronischen Krankheit.

Die gute Nachricht: Depression bei Parkinson ist behandelbar. Antidepressiva, insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), zeigen gute Wirkung. Auch psychotherapeutische Verfahren und die Optimierung der Parkinson-Medikation können helfen. Sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt über depressive Symptome – sie sind kein Zeichen von Schwäche, sondern ein behandelbares Symptom der Erkrankung.

Neben Depression treten bei Parkinson weitere psychische Symptome auf, die für Betroffene und Angehörige oft unerwartet und beunruhigend sind. Angststörungen betreffen 30 bis 40 Prozent der Patienten und können sich als generalisierte Angst, Panikattacken oder soziale Ängste äußern. Besonders in Off-Phasen, wenn die Parkinson-Medikamente nachlassen, können Angstgefühle verstärkt auftreten.

Halluzinationen, meist visueller Art, entwickeln sich im fortgeschrittenen Stadium bei vielen Patienten. Betroffene sehen Menschen, Tiere oder Schatten, die nicht da sind. Diese Halluzinationen können durch die Erkrankung selbst oder als Nebenwirkung der Dopamin-Medikamente auftreten.

Impulskontrollstörungen sind eine weitere Herausforderung: Pathologisches Spielen, zwanghaftes Kaufen oder gesteigertes sexuelles Verlangen können als Nebenwirkung von Dopamin-Agonisten auftreten. Diese Verhaltensweisen sind nicht Ausdruck des Charakters, sondern eine medikamentöse Nebenwirkung, die eine Anpassung der Therapie erfordert.

Kognitive Veränderungen sind ein zentrales Thema bei Parkinson und ein Schwerpunkt unserer Arbeit im Memory-Zentrum München. Viele Betroffene bemerken schon früh Veränderungen in ihrer geistigen Leistungsfähigkeit.

Frühe Anzeichen:

  • Aufmerksamkeitsprobleme: Schwierigkeiten, sich längere Zeit zu konzentrieren
  • Verlangsamte Denkvorgänge: Längere Zeit zum Verstehen und Reagieren
  • Planungsschwierigkeiten: Probleme beim Organisieren und Problemlösen
  • Multitasking-Probleme: Schwierigkeiten, mehrere Dinge gleichzeitig im Blick zu behalten

Diese frühen kognitiven Störungen werden als „Mild Cognitive Impairment“ (MCI) bezeichnet. Sie beeinträchtigen den Alltag noch nicht erheblich, sind aber ein Warnsignal, das ernst genommen werden sollte.

Bei etwa 30 bis 40 Prozent der Parkinson-Patienten entwickelt sich im Verlauf eine Demenz. Nach 10-jähriger Krankheitsdauer liegt das Risiko bereits bei 50 Prozent. Das macht die Parkinson-Demenz nach Alzheimer zu einer der häufigsten Demenzformen – und zu einem Kernthema unserer Arbeit im Memory-Zentrum.

Die Parkinson-Demenz unterscheidet sich in wichtigen Aspekten von der bekannteren Alzheimer-Demenz. Diese Unterschiede zu kennen ist wichtig – sowohl für die Diagnostik als auch für die Behandlung.

Hauptunterschiede:

  • Zeitlicher Verlauf: Parkinson-Demenz entwickelt sich erst Jahre nach Beginn der motorischen Symptome. Bei Alzheimer stehen Gedächtnisprobleme von Anfang an im Vordergrund.
  • Betroffene Funktionen: Bei Parkinson-Demenz sind vor allem Aufmerksamkeit, Denktempo und Planungsfähigkeit betroffen. Das Gedächtnis bleibt zunächst relativ gut erhalten – Informationen werden gespeichert, aber der Abruf fällt schwer.
  • Visuell-räumliche Probleme: Schwierigkeiten bei räumlicher Orientierung und visueller Verarbeitung treten früher auf als bei Alzheimer.
  • Halluzinationen: Visuelle Halluzinationen sind bei Parkinson-Demenz häufiger als bei Alzheimer.

Die Behandlung der Parkinson-Demenz ist komplex. Cholinesterase-Hemmer wie Rivastigmin (oft als Pflaster angewendet) können bei manchen Patienten helfen. Wichtig sind zudem kognitive Stimulation, Ergotherapie und die Anpassung des Alltags. Im Memory-Zentrum entwickeln wir individuelle, multiprofessionelle Behandlungskonzepte.

Die Lewy-Körperchen-Demenz ist nach Alzheimer die zweithäufigste Demenzform. Sie ist eng mit Parkinson verwandt – beide Erkrankungen entstehen durch die Ablagerung von Lewy-Körperchen (Proteinaggregaten) im Gehirn. Die Unterscheidung zur Parkinson-Demenz ist wichtig und gehört zur Kernkompetenz eines spezialisierten Memory-Zentrums.

Die 1-Jahres-Regel

Der entscheidende Unterschied liegt im Zeitverlauf: Bei Lewy-Körperchen-Demenz treten kognitive Symptome innerhalb des ersten Jahres nach Beginn der Bewegungsstörungen auf – oder sogar davor. Bei Parkinson-Demenz entwickeln sich kognitive Probleme erst nach mehreren Jahren.

Charakteristische Merkmale:

  • Schwankende Kognition: Die geistige Leistungsfähigkeit schwankt stark – von klar und orientiert bis verwirrt, manchmal innerhalb von Stunden
  • Frühe Halluzinationen: Detaillierte visuelle Halluzinationen treten früh auf – Betroffene sehen Menschen oder Tiere, die nicht da sind
  • REM-Schlaf-Störung: Lebhafte, oft aggressive Bewegungen im Schlaf – Träume werden ‚ausgelebt‘
  • Medikamentenempfindlichkeit: Extreme, teils lebensbedrohliche Reaktionen auf typische Neuroleptika

Warum die Diagnose entscheidend ist

Die genaue Diagnose ist wichtig, weil die Behandlung unterschiedlich ist. Patienten mit Lewy-Körperchen-Demenz sprechen oft sehr gut – manchmal besser als Alzheimer-Patienten – auf Cholinesterase-Hemmer an. Diese Medikamente verbessern nicht nur die Kognition, sondern können auch Halluzinationen reduzieren.

Gleichzeitig ist höchste Vorsicht bei Neuroleptika geboten. Im Memory-Zentrum achten wir besonders auf diese diagnostischen Feinheiten und passen die Behandlung individuell an.

Die Behandlung neuropsychiatrischer Symptome bei Parkinson erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. An erster Stelle steht die optimale Einstellung der Parkinson-Medikation. Oft können Anpassungen der Dosierung oder Medikamentenkombination bereits deutliche Verbesserungen bewirken.

Bei Depression helfen Antidepressiva, besonders SSRI. Für Angst kommen anxiolytische Medikamente zum Einsatz, bei Halluzinationen ist Clozapin das Mittel der Wahl – auch wenn es regelmäßige Blutbildkontrollen erfordert. Bei Impulskontrollstörungen ist meist eine Reduktion der Dopamin-Agonisten notwendig.

Neben Medikamenten spielen nicht-medikamentöse Therapien eine zentrale Rolle: Psychotherapie, Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie. Im Memory-Zentrum bieten wir all diese Therapien unter einem Dach – abgestimmt auf Ihre individuellen Bedürfnisse.

Für Betroffene und Angehörige haben wir die wichtigsten Empfehlungen zusammengefasst:

  • Nehmen Sie kognitive Veränderungen ernst – sprechen Sie früh mit Ihrem Arzt
  • Suchen Sie spezialisierte Diagnostik bei einem Memory-Zentrum
  • Dokumentieren Sie Schwankungen der geistigen Leistung und Halluzinationen
  • Sprechen Sie offen über Depression und Ängste
  • Bei Impulskontrollstörungen: sofort den Arzt informieren
  • Nutzen Sie psychotherapeutische Unterstützung
  • Bleiben Sie sozial aktiv und pflegen Sie Hobbys
  • Angehörige: Holen Sie sich selbst Unterstützung und Entlastung

Parkinson betrifft weit mehr als die Bewegung. Mit einem Demenz-Risiko von 30 bis 40 Prozent ist die Parkinson-Demenz nach Alzheimer eine der häufigsten Demenzformen. Hinzu kommen Depression, Angst, Halluzinationen und weitere Symptome, die die Lebensqualität erheblich beeinflussen.

Die gute Nachricht: Es gibt wirksame Behandlungen. Die genaue Diagnose – insbesondere die Unterscheidung zwischen Parkinson-Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz und anderen Formen – ist entscheidend für die richtige Therapie.

Das Marion von Tessin Memory-Zentrum ist auf die Diagnostik und Behandlung aller Demenzformen spezialisiert. Wir begleiten Sie mit Fachkompetenz und Empathie – für mehr Lebensqualität trotz der Erkrankung.

Wir sind für Sie da

Im Marion von Tessin Memory-Zentrum stehen wir Ihnen mit unserem multiprofessionellen Team zur Seite. Das Marion von Tessin Memory-Zentrum widmet sich den Themen Gedächtnisstörungen und Demenz auf der Grundlage eines umfassenden und integrativen Konzepts für Betroffene und Angehörige im Rahmen von Demenz-Ambulanzen und einer Demenz-Tagesklinik zur Diagnostik und Behandlung sowie Demenz-Tagespflegen.

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